Ausbildungsförderung für Flüchtlinge erleichtern – Stellungnahme

Stellungnahme des Antidiskriminierungsverbands Schleswig-Holstein e. V. zum Antrag von SPD, Bündnis 90/Die GRÜNEN und SSW – Ausbildungsförderung für Flüchtlinge erleichtern, Landtagsdrucksache 18/1145

advsh-Stellungnahme Landtagsantrag 	Ausbildungsförderung für Flüchtlinge erleichternDer Antidiskriminierungsverband Schleswig-Holstein (advsh) e. V. begrüßt jede Erleichterung des Berufszugangs für Flüchtlinge. Der Antrag von SPD, GRÜNEN und SSW richtet sich insbesondere an junge Flüchtlinge. Ihnen soll eine berufliche Perspektive eröffnet werden, indem sie vollen Zugang zu ausbildungs- und berufsfördernden Maßnahmen erhalten.

Der Antidiskriminierungsverband Schleswig-Holstein (advsh) e. V. besteht aus Vereinen, Institutionen, Verbänden und engagierten Personen. Er setzt sich für Menschen ein, die diskriminiert werden, informiert über Diskriminierung, arbeitet daran mit, die Gesetze gegen Diskriminierung zu verbessern und ist ein Sprachrohr in Politik und Gesellschaft.

Als Verband hilft und berät der advsh Menschen, die aus Gründen ihrer ethnischen Herkunft, ihres Geschlechts, Religion oder Weltanschauung, wegen einer Behinderung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Identität benachteiligt werden. Der Antidiskriminierungsverband bietet Qualifizierungen für Berater*innen sowie für Vereine und Verbände an. Wir helfen dabei, Netzwerke zu bilden, Kooperationen einzugehen und die eigenen Antidiskriminierungs-Standards zu verbessern.

Vor diesem Hintergrund nimmt der advsh zur Gesetzesinitiative von SPD, GRÜNEN und SSW Stellung:

Vom Zugang der jungen Flüchtlinge zu Ausbildung und Berufsvorbereitung profitiert die Gesellschaft vielfältig. Junge Flüchtlinge, die dauerhaft in Deutschland bleiben, werden über die Ausbildung integriert und helfen, die Auswirkungen des demografischen Wandels zu reduzieren. Junge Flüchtlinge, die später in ihre Herkunftsländer zurückkehren, werden durch die Ausbildung befähigt, dort für sich eine Lebensperspektive zu schaffen und die Gesellschaft neu mit aufzubauen.

Bildung ist ein Menschenrecht. Das „Recht auf Bildung; Schule; Berufsausbildung“ ist in Artikel 28 der Kinderrechtskonvention festgelegt. Deutschland hatte die Konvention zunächst nur eingeschränkt ratifiziert; erst 2010 wurde der ausländerrechtliche Vorbehalt zurückgenommen. 2006 stellte das Deutsche Institut für Menschenrechte fest, dass das Recht auf Bildung nicht nur ein eigenständiges Menschenrecht ist, sondern auch ein zentrales Instrument, um den Menschenrechten zur Geltung zu verhelfen. Migrationshintergrund ist ein häufiges Exklusionsrisiko; der Flüchtlingsstatus ist es umso mehr. Daher ist der gleichberechtigte Zugang zu Bildung und Ausbildung für alle jungen Flüchtlinge eine Kernforderung, ungeachtet ihres legalen Status.

Bereits im August 2013 hat das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein ein Informationsschreiben an die Ausländerbehörden zur Statusänderung für international subsidiär Schutzberechtigte aufgrund EU-Richtlinie 2011/95/EU verschickt. Es schaffte u.a. Erleichterungen beim Arbeits-,  Ausbildungszugang und bei der Ausbildungsförderung.

Der advsh fordert in Übereinstimmung mit dem UN-Kinderrechtsausschuss für jeden minderjährigen Flüchtling unabhängig vom Aufenthaltsstatus vollen Zugang zu Ausbildungsangeboten. Dieser Zugang ist den jungen Flüchtlingen zu allen Arten von Bildung, auch Berufsausbildungen ohne Diskriminierung zu gewähren. Das gilt auch für erwachsene junge Flüchtlinge. Weiterhin müssen auch Gesichtspunkte, die zu Doppel-Diskriminierung führen können, insbesondere Gender/Geschlecht und Behinderung, berücksichtigt werden.

Die weitere Öffnung des Ausbildungssystems für Flüchtlinge ist weit mehr als eine administrative Maßnahme. Sie hat unmittelbare und drastische Auswirkungen auf Jugendliche und junge Erwachsene. Sie verändert ihr Alltagsleben. Junge, motivierte Menschen erhalten – oft zum ersten Mal in ihrem Leben – Zugang zu einer qualifizierten Berufsbildung. Dies hilft ihnen, sich zu integrieren und später ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, beides hilft ihnen ebenso wie der Gesellschaft. Darüber hinaus gibt die Teilhabe an Bildung und Ausbildung den jungen Menschen ihre Menschenwürde zurück, dies ist eine Erfahrung, die viele von ihnen in ihren Flucht-Biografien zu selten erfahren haben. Daher ist aus Sicht des Antidiskriminierungsverbands die Öffnung des Ausbildungssystems zwingend erforderlich. Dies beinhaltet ausdrücklich auch Zugang zu Ausbildungsförderung, wie im Gesetzentwurf gefordert. Zwingend erforderlich sind auch verbindliche Regelungen und Ansprechpartner*innen, damit die Jugendlichen und jungen Erwachsenen nicht zwischen Zuständigkeiten zerrieben werden.

Flüchtlinge sind Menschen, die an der Gesellschaft teilhaben wollen, die partizipieren wollen, – mit anderem Rechtsstatus und mit anderer Biografie als viele andere. Der Gesetzentwurf ist ein Beitrag zur Verbesserung der Situation von Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert werden. Weitere müssen folgen, um Diskriminierung in Schleswig-Holstein nachhaltig abzuschaffen.

Im Übrigen unterstützt der Antidiskriminierungsverband Schleswig-Holstein (advsh) e. V. die Stellungnahme des Flüchtlingsbeauftragten, Landtagsumdruck 18/2309.